Re: Hag und Hecke

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Die Randzonen von Hof und Dorf

Der Hag ist einer der vergessenen Saumbiotope. Es handelt sich zumeist um Hecken entlang von Waldrändern, aber auch um Lesesteinriegeln um Gehöfte und Orte. Sie sind verschwunden, man kennt diese Landschaftselemente nicht mehr. Wälder gehen nahtlos in das Offenland über und Orte sind über ihre ehemaligen Hag hinausgewachsen. Warum es dennoch wichtig ist, über diese Kleinodien in der Kulturlandschaft aufmerksam zu machen, möchte ich in diesem Blog heraus­arbeiten.

Hag, ger. hag, ahd. hac, mhd. håg = umfrieden, einhegen in der Bedeutung von Hege, Gehege, Hecke, umfriedetes Gehölz; auch Ursprung von Siedlungs- und Familiennamen. hegen = pflegen, schützen, bewahren, gut behandeln, mit einem Hag umgeben, umzäunen.

Wir finden Hag und Haag in unseren Ortsnamen, wie Stadt Haag, Haag am Hausruck, Hagenberg, Lichtenhag, Landshaag oder Windhaag, usw. Die Herleitungsversuche der Namen sind zum Teil sehr unterschiedlich.

Um- und Einfriedung aus ahd. vride = Umzäunung, eingehegter, befriedeter Raum. Auch Frieden, denn eine Einfriedung soll den Ort vor der Außenwelt schützen und ein Hindernis darstellen, was von außen her den Frieden des Ortes stören oder dessen Nutzung beeinträchtigen könnte.

Vom natürlichen zum gebauten Hag

Hag bedeutet also Um- und Einfriedung eines Ortes, Gehöftes oder Geländes (z.B. eine Alm) und solche kommen im Laufe der Jahrhunderte in mehrerlei Gestalt vor.

Umfriedung durch eine Hecke: Die ersten Hag waren die Ränder der gerodeten Siedlungsplätze zum umgebenden Wald hin. Dornige Sträucher wie Hagedorn (Weißdorn), Hagerose (Hundsrose), Hagebutte oder stark verwachsende Pflanzen wie die Hagebuche (Hainbuche), Weiden oder Haseln waren dort zu finden und boten Schutz für die Menschen.

Die Umfriedung durch eine Mauer: Gebaute Einfriedungen sind schon aus prähistorischer Zeit in Form von Erdwällen, Steinhagen oder Palisaden­zäunen bekannt. Steinhagen sind Steinwälle, die aus Klaubsteinen in Form von Trockenmauern errichtet wurden und zur Sicherung der frühen Siedlungsplätze dienten.

Die Umfriedung durch einen Zaun: Im Mittelalter wurde rund um ein Gehöft ein niedriger Erdwall mit Pfählen angelegt, oft durch Weiden- oder Haselgeflecht verbunden, um den Besitz vor Eindringlingen zu schützen und das Fortlaufen des Viehs zu verhindern.

Erdwerke: Bodendenkmal aus Gräben, Wällen und ggf. Palisaden. Erdwerke bilden schon den Übergang zu Befestigungsanlagen und Stadtmauern.

Verschwundenes Kulturgut

Die Begriffe Hag und Haag sind bei Landschaftselementen nicht mehr existent. Selten hat sich mundartlich „am Hag“ noch erhalten. Sie sind auch kaum mehr zu finden, die Einhegungen der Orte und Höfe, weil sie nicht mehr gebraucht werden und die Orte über sie hinweggewachsen sind. Und sie sind selten bis gar nicht erforscht.

Gelegentliche Flurnamen

Manchmal findet man Hag und Haag noch als Flurnamen. Die Bedeutung wird meist mit Gehege interpretiert. Ältere Begriffsinhalte sind kaum noch bekannt.

Vielfalt am Hag

Wo es sie noch gibt, sind Hage ökologische Übergangszonen, wie Hecken und Waldsaume, die eine große biologische Artenvielfalt aufweisen. Viele Gehölz- und Kräuterarten sind hier zu finden, die es so weder im Wald noch auf der Wiese gibt. Es sind kleinräumige Saumbiotope, wie auch der Rain.

Alte Weise am Hag

Es waren wahrscheinlich die alten Frauen, die am Waldsaum Hölzer und Kräuter sammelten. Sie waren nicht mehr im Arbeitsprozess eingebunden und kümmerten sich nun um die Kinder, die Gesundheit und das Herdfeuer. Sie mögen beim Sammeln am Hag auch dort verweilt haben, im dornigen wildwachsenden Randbiotop, dem Zwischenbereich zwischen Wald und Feld, zwischen Diesseits und Jenseits. Und sie mögen noch die Jäger und Sammler beobachtet haben, die fremden großen Männer und Frauen im Wald, die sich zu sagenhaften Riesen gewandelt haben.

Hagazussa

Das Bild der weisen Alten, die an der Hecke sitzt, lebt in dem Begriff „Hexe“ (ahd. hecse, engl. hag), ahd. hagazussa, hagzissa, hagetisse = Heckensitzerin weiter.

Zaunreiterin ist eine mögliche Bedeutung des ahdt. Wortes hagazussa, aus dem später das Wort Hexe wurde. Die Zaunreiterin ist die Grenzgängerin zwischen den Welten, zwischen Zivilisation und Wildnis, Bekanntem und Unbekanntem, Drinnen und Draußen, Dies- und Anderswelt. Sie steht in beiden Welten gleichzeitig, mit einem Bein auf dieser, mit einem auf der anderen Seite des Zauns.

Schutz vor Geistern

Der Hag bot auch Schutz vor bösen Geistern, insbesondere wenn er aus Eiben oder Buchsbaum bestand. In den europäischen Sagen finden sich Durchlässe in Hecken als Übergang in ein Feenreich oder in die Unterwelt.

Schutz des Natur- und Kulturgutes

Wo es sie noch gibt, die Hage, sollten sie geschützt und erforscht werden. Als Landschaftselemente oder als Kulturgut, wie der Hag um Orte und Höfe.


Über den Autor:

DORFIMPULSE
Mag. Wolfgang Strasser
Lebensraum- und Unternehmensberater

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