Renaturierung der Zusammenflüsse
Als Gmünd, Gemünd oder Gemünde verstehen wir den Zusammenfluss von zwei Flüssen oder Bächen. Auch den Zufluss eines kleineren in einen größeren Fluss. Es sind besondere Orte, denn hier treffen sich zwei Persönlichkeiten. Am Ort der Vereinigung zu einem neuen Fluss oder Bach entstehen besondere Atmosphären, die sich gut für unser Wohlbefinden nutzen lassen. Sie sind wenigen bewusst und werden kaum beachtet. Warum wir sie schützen sollen, diese Kleinodien in der Landschaft, möchte ich in diesem Blog beschreiben.
münden vgl. ahd. munden ‘zusammenfließen’ sowie ahd. gimundi n. ‘Mund, Flußmündung’, Mündung ‘das Hinein-, Zusammenfließen, der Ort des Zusammenflusses’.
Wir haben im Mühlviertel viele „Gemünde“ – Feldaist und Waldaist vereinigen sich zur Aist, große und kleine Naarn zur Naarn, große und kleine Gusen zur Gusen, um nur einige Beispiele zu nennen.
Und wir kennen Orte an einer Flussmündung, die ihren Namen aus ihrer Lage haben, wie Gmunden, Gmünd in NÖ und in Kärnten, Schwäbisch Gmünd. Manche Ortsnamen, wie Gmunden und Gmünd, finden sich auch in Regions- und Bezirksnamen wieder.
Ort der Vereinigung
Wir haben es mit zwei Phänomenen zu tun: (1) die Mündung eines kleineren Flusses in den größeren und (2) die Vereinigung zweier gleichwertiger Flüsse zu einem neuen Fluss. Das ist wichtig, denn es entstehen am Ort zwei unterschiedliche Atmosphären. Eine steht für Hingabe, die andere für Vereinigung. Spüren Sie hinein, Sie werden den Unterschied merken.
Natürliche Intimität
Die Gemünde sind durch oft dichtes Begleitgewächs geschützt. Büsche und Bäume, Kraut und Gräser verstecken den Ort des Zusammenflusses vor der Welt. Das ist auch wichtig, denn es ist ein sehr intimer Vorgang, der hier stattfindet. Auch die Natur die Abstufungen öffentlich-privat-intim, die wir ansonsten nur gebauten Räumen zuordnen.
Eine Freude der Welt
Crusius Schwäbisch. Chronic. Th. II. B. IX. c. 4. p. 521. „will den Namen aus dem Lateinischen herführen, und saget Gemund oder Gamunda sey so viel als Gaudium mundi, eine Freude der Welt.“ Eine sehr schöne Beschreibung des Wortes.
Flurbereinigungen
Wird der Fluss begradigt und die Uferbegleitpflanzen entfernt, gehen diese Intimzonen der Natur verloren. Das ist ein herber Verlust für unsere Natur – aber auch für uns. Denn wir könnten diese Orte für unser eigenes Befinden gut nutzen. Vorausgesetzt, wir nähern uns diesen Orten in einer sehr sanften und rücksichtsvollen Weise.
Biodiversität
Die biologische Vielfalt an Flüssen mit dichtem Begleitgewächs ist unglaublich hoch. Und noch höher an den Zonen der Zusammenflüsse. Viele Tier- und Pflanzenarten sind hier angesiedelt, die im kultivierten Umland nicht zu finden sind. Es sind kleinräumige Biotope, wie auch die verschiedenen Formen des Rain (Roa).
Erosionsschutz
Uferbegleitpflanzen sind, wie die Rain, spezialisierte Schutzeinrichtungen der Natur. Der Wind- und Wetterschutz verhindert eine zu rasche Erosion der Erdkrume. Damit schützen sie nicht nur den Fluss, sondern auch die umgebenden Wiesen und Äcker vor zu schnellem Abtrag.
Wässrige Atmosphären
Die elementaren Atmosphären sind in der Natur sehr spezifisch verteilt. An den Gemünde findet man bevorzugt wässrige Atmosphären. Es sind Aufenthaltsorte, wo wir mit unseren Gefühlen besonders gut in Kontakt kommen. Und wo sich manche emotionale Blockade lösen läst.
Ganzheitliche Renaturierung
Bei der Wiederherstellung natürlicher Flussverläufe sollte ein besonderes Augenmerk auf die Gemünde, die Zusammenflüsse gelegt werden. Eine dichte standorttypische Wiederbepflanzung könnte ganz besondere Orte wieder mehr Leben einhauchen.
Eine Übung
Wenn Sie die Gelegenheit haben, setzen Sie sich eine Weile in ein Gmünd, in die Landzunge, die sich am Zusammenfluss bildet. Gehen sie in eine stille Meditation. Beobachten Sie, welche Gefühle hochkommen und wie sich diese anspüren. Vergleichen Sie die Atmosphäre auch an einer Stelle flussabwärts nach dem Zusammenfluss. Oder gehen Sie an einen Ort des Zuflusses eines Baches in einen größeren Fluss. Wie unterscheiden sie sich?
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Mag. Wolfgang Strasser
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