Eine naturnahe Betrachtung des Verbauten
Was ist eigentlich eine Stadt, ein Dorf? Beim Nachdenken darüber stoßen wir schnell an unsere Grenzen. Wir greifen daher gerne auf Metaphern zurück. Stadtorganismus, Stadtgedächtnis oder Stadtgenius sind Beispiele dafür. Wir verbinden mit den Begriffen Bilder, die wir kennen und in neue Zusammenhänge bringen können. Stadt und Organismus beispielsweise beschreiben Orte als lebendige Systeme, komplexen Organismen ähnlich. Diese Metaphern beschreiben Orte aber nicht nur, sie sind im kreativen Prozess bedeutend, denn sie haben die Kraft, Realitäten zu schaffen. In diesem Blog mache ich mich auf die Suche nach dem Organischen in unseren Lebensräumen und versuche Gefundenes (auch) in Metaphern zu beschreiben.
Eine Metapher (altgriechisch metaphorá „Übertragung“) „ist ein sprachlicher Ausdruck, bei dem ein Wort (eine Wortgruppe) aus seinem eigentlichen Bedeutungszusammenhang in einen anderen übertragen wird, ohne dass ein direkter Vergleich die Beziehung zwischen Bezeichnendem und Bezeichnetem verdeutlicht.“ www.duden.de Wörterbuch „Metapher“
Deutsche Synonyme sind Bild oder auch Übertragung; dementsprechend heißt ein gehäufter Einsatz Bild(er)sprache und eine häufig verwendete adverbiale Bestimmung lautet „im übertragenen Sinn(e)“. www.duden.de Wörterbuch „Bildsprache“
Metapher für Phänomene
Wenn wir den Stadtorganismus oder den Dorforganismus beschreiben wollen, bietet sich der Vergleich mit dem organischen Aufbau des menschlichen Körpers an. Es ist eine Möglichkeit, geomantische Phänomene sprachlich zu fassen und für Menschen zugänglich zu machen. Wir sagen beispielsweise Herzpunkt, weil ein bestimmter Ort eine Funktion für den Stadtorganismus ausübt, wie das Herz für den menschlichen Organismus. Gleichwohl ist es kein Herz, das wir da beschreiben.
Lebenskraft- und vitalenergetischer Raum
In einer geomantischen Weltsicht wird die Erde als Organismus betrachtet. Wie der Biologe James Lovelock in seiner “GAIA-Hypothese” ausführt, besitzt die Erde alle Kennzeichen, die zur Definition eines Lebewesens herangezogen werden können, wie z.B. Selbstregulation und Bewegungsprozesse. Sie erscheint als ein riesiges Makro-Lebewesen.
Hier findet schon eine Metaphora statt, denn im Mineralischen kennen wir keine Organismen und Organe. Ganz im Gegenteil, wir unterscheiden ganz strikt zwischen mineralisch und organisch. Um das Lebendige der Erde zu beschreiben, also das Mineralische als lebendig anzuerkennen, müssen wir vorerst auf Begriffe aus dem Organischen zurückgreifen.
Abgeleitet davon werden zusammengehörende Landschaften als Landschaftsorganismen, Dörfer und Städte als Dorf- und Stadtorganismen bezeichnet. Gleiches gilt für Stadtteile und Quartiere, wie auch für Gemeinden, Ortschaften und Siedlungen. Jedes Phänomen kann es dann mehrmals geben: eine Mitte für die Stadt und jeweils eine Mitte für jeden Stadtteil.
Stadt- und Dorforgane
Ein Stadt- oder Dorforganismus muss für das Funktionieren der vitalenergetischen Prozesse spezialisierte Organe besitzen, wie der menschliche Körper auch. In Analogie zu dessen Organen werden diese Orte mit Namen wie “Herzzentrum” oder “Atmungszentrum” belegt. Wir sind wieder bei Metaphern, denn aus den Bildern lassen sich deren ungefähre Funktion und Wirkungsweise ablesen.
Tatsächlich lassen sich diese Stadtorgane bei einer geomantischen Untersuchung verorten. Bei genauerem Hinsehen können wir ihr Funktionieren auch im Physischen von Stadt und Dorf beobachten. Dennoch ist mir wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen, dass es sich um keine Phänomene der Geologie oder Biologie handelt, sondern um atmosphärische Phänomene.
Diese Organe sind stark oder schwach ausgeprägt, je nach Ortsbiografie. Wenn sie jedoch bewusst gemacht und entsprechend ausgestaltet werden, können an den jeweiligen Stellen starke Atmosphären entstehen, die auf den gesamten Lebensraum ausstrahlen. Ein starkes Werkzeug in der Planung und Gestaltung unserer Lebensräume.
Vitalenergetisches Zentrum
An vitalenergetischen Zentren kommt es zu einer Koordination verschiedener Informationen, die von oder zu verschiedenen Stadtteilen und -plätzen führen. Diese Funktionsweise ist vergleichbar der Arbeitsweise im Hirnstamm, wo die Informationen für die biologischen Organe zusammenlaufen und verteilt werden und das vegetative Nervensystem reguliert wird.
Das vitalenergetische Zentrum ist meist am Stadt- oder Ortsplatz verortet, manchmal auch auf älteren Plätzen mit vergleichbaren Funktionen in der Vergangenheit, wie beispielsweise „Alter Markt“. Meist gibt es einen Brunnen oder eine Dorflinde, die den Platz markieren. Diese Markierung haben eine wichtige Funktion und tun ihre Arbeit nur, wenn sie am Originalplatz stehen.
Manchmal ist mit vitalenergetischem Zentrum die Quelle der Lebenskraft gemeint. In meinen Beschreibungen ist die Quelle der Lebenskraft der Ausatmungspunkt.
Mitte und Nabelpunkt
Omphalos nannten ihn die Griechen, Umbiculus die Römer, den Mittelpunkt und Nabel des Geschehens. Zugleich galt der zentrale Platz als Mundus, an der sich Oberwelt und Unterwelt berühren. Heute können wir neben einer geometrischen, mentalen Mitte (Kopfmitte) auch eine gefühlte, emotionale Mitte (Bauchmitte) gestalten.
Gleichgewichtsorgane
Gleichgewichtsorgane dienen der Balance der vitalenergetischen Kräfte im Lebensraum. Das Yinzentrum ist dabei für die empfangenen Kräfte des Ortes (Elemente Erde und Wasser) zuständig. Der Gegenpol ist das Yangzentrum (Elemente Feuer und Luft). Eine achtsame Ausgestaltung der Punkte hält den Stadt- und Dorforganismus und alles was darauf geschieht im Gleichgewicht.
Herzzentrum
Herzzentren haben die Aufgabe, vitalenergetische Kräfte ins Land, in die Stadt oder in die Ortschaft hinauszuschicken. Sie impulsieren den Lebensraum damit in einem bestimmten Rhythmus, vergleichbar mit unserem Herzschlag. Herzzentren haben aber auch etwas mit Beziehung zu tun, sie sind Mitten und Antrieb unserer sozialen Systeme.
Atmungssystem
Atmungssysteme beschreiben das Ein- und Ausströmen von Lebensenergie in und aus dem Erdorganismus. Ein meist erhöht liegender Ausatmungspunkt hat die Aufgabe der Versorgung des Landschaftsorganismus mit Lebensenergie. Der meist in tieferen Lagen liegende Einatmungspunkt hat die Funktion der Ausleitung verbrauchter Energie und Zuführung zur Regeneration durch die Erde.
Polpunkte
Polpunkte sind kleinere Ein- und Ausatmungspunkte des vitalenergetischen Systems der Erde, vergleichbar mit den Poren unserer Haut. Sie treten mit einem energieabziehenden und einem energieaufbauenden Punkt paarweise auf. Im Durchschnitt sind ein bis zwei Paare pro Hektar zu finden.
Der aufladende Polpunkt ist ein energieaufbauender Punkt, der sich zum Auftanken mit frischer Lebensenergie gut eignet. Der ausleitende Polpunkt ist ein energieabziehender Punkt, der sich gut zur energetischen Reinigung eignet. Sie sind ein Geschenk in diesen Zeiten und sollten zur täglichen Nutzung durch die Bewohner gestaltet werden.
Weitere Punkte
Es gibt noch weitere Resonanzpunkte oder Fokuspunkte in einem Landschafts-, Stadt- oder Dorforganismus. Auch Reinigungs- und Verdauungspunkte, die der Gesundheitförderung in einer Kommune sehr dienlich sein können. Auch das Chakrensystem des Menschen lässt sich in einem Lebensraum gut abbilden und wird in einem der nächsten Blogs behandelt.
Elementare Orte
Die vier Elemente repräsentieren im westlichen Kulturraum die vier zentralen Bausteine des Lebens (lat. „elementum“ = Anfangsgrund). Sie stellen Grundqualitäten dar, die sich auf allen Ebenen der Lebensräume manifestieren. Besonders auf der vitalenergetischen Ebene wirken sie als atmosphärenbildend. Ich werde diese Landschaftsorgane in einem eigenen Blog näher beschreiben.
Mental- und Emotionalfeld
Vernadsky sagt „die Noosphäre bildet das Bewusstsein des Planeten“. Sheldrake beschreibt mit den morphischen Feldern „das Gedächtnis der Natur“. Diese Metapher einer psychologischen Ebene der Natur ist im Mental- und Emotionalfeld der Erde vorortet, schafft Naturheiligtümer und lässt uns die Wesenhaftigkeit der Natur spüren.
Identitätsraum des Ortes
Heruntergebrochen auf Stadt und Dorf bildet dieses Mentalfeld eine örtliche Identität, die von der menschlichen Geistestätigkeit durchprägt ist. Gleichzeitig lässt uns das Emotionalfeld eines Ortes diesen anziehend oder abstoßend empfinden. Es lässt sich erkennen, dass wir dieses Feld nicht durch einfache bauliche Maßnahmen verändern können.
Handlungsraum des Ortes
Der Ort ist Identitätsträger. Das mentale/emotionale Feld des Ortes kann menschliches Bewusstsein mit Aktivitäten und Initiativen entlang dieser Grundqualität unterstützen. Mit anderen Worten, das was uns örtlich prägt, beeinflusst auch unsere Aktivitäten und Handlungen. Stadt- und Ortsentwicklung wird so zuerst zu einer sozio-kulturellen Angelegenheit, erst dann zu einer baulichen.
Die verborgenen Räume
Geist und Seele des Ortes beschreiben den speziellen Charakter von Orten. Äußere Bilder werden zu inneren Bildern. Das naturräumliche Urmuster der Landschaft wirkt durch die Kulturlandschaft hindurch und prägt den atmosphärischen Raum. Gleichwohl wirken kulturräumliche Muster durch die Stadtlandschaft. Diese systemischen Themen wirken auf die Menschen und das soziale Feld.
Ortsgenius
Den Begriff „Geist des Ortes“ hat die antike Welt geprägt. Damit wird eine alles durchdringende Grundqualität eines Ortes bezeichnet. Diese Grundqualität kann mit wichtigen Ereignissen in der Stadt- und Ortsgeschichte verbunden sein, wie beispielsweise dem Gründungsimpuls. Den Genius zu ergründen bedarf sowohl der baulichen als auch der historischen Forschung.
Ortsanima
Der besondere Charakter bzw. die „Gestalt“ der Region kommt als eine Art Tiefenströmung zum Tragen. Wir sprechen von der „Seele“ der Region, um diese Tiefenströmung verständlich zu beschreiben. Sie lässt uns die „Urlandschaft“, die Landschaft hinter der Landschaft, spüren. Dieses Urmuster kann man ergründen und liefert immer wieder erstaunliche Einsichten.
Zu guter Letzt – wenn alles aus dem Ruder läuft
Jedes einzelne Organ des menschlichen Organismus kann nur dann seine individuelle Funktion erfüllen, wenn es mit anderen Organen zusammenarbeitet und dazu beiträgt, die Lebensfähigkeit des gesamten Körpers zu bewahren. Weder das Herz noch die Lungen oder Nieren funktionieren alleine für sich es sei denn, sie werden künstlich am Leben erhalten. Nur gemeinsam sind sie in der Lage, die Existenz des physischen Körpers zu sichern, andernfalls scheitert das gesamte System. Werden Zellen ,,egoistisch“ und funktionieren sie nicht mehr aufeinander abgestimmt, bildet sich ein Tumor. Krebszellen zerfressen dann alles um sich herum, am Ende jedoch sterben auch sie selbst.
DORFIMPULSE
Mag. Wolfgang Strasser
Lebensraum- und Unternehmensberater
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