Ein Plädoyer für eine nachhaltige Lebensraumqualität
Nachhaltigkeit beschreibt eine Form der Ressourcennutzung, die auf dem gleichzeitigen und gleichberechtigten Umsetzen von Umweltschutz, langfristigem Wirtschaften und einem fairen Miteinander beruht, damit auch zukünftige Generationen gut leben können.
Auf dem Nachhaltigkeitsgipfel am 25. September 2015 beschlossen die Vereinten Nationen die Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung. Diese Agenda beinhaltet die sogenannten 17 Nachhaltigkeitsziele, die „Sustainable Development Goals“ (SDGs). Damit gibt es zum ersten Mal einen universalen Katalog, der alle Nachhaltigkeitsdimensionen beinhaltet. Das Ziel der Agenda ist, bis 2030 globale Entwicklungen nachhaltig zu gestalten.
Ich analysiere die SDG´s in Bezug auf Lebensraumqualität auf lokaler Ebene und wieviel davon tatsächlich im Fokus unserer Entscheidungsträger ist.
SDG 3 – Gesundheit und Wohlergehen
In der Agenda ist zu lesen: „Bis 2030 die Zahl der Todesfälle und Erkrankungen aufgrund gefährlicher Chemikalien und der Verunreinigung von Luft, Wasser und Boden erheblich verringern.“ Das klingt gut! Allein an der Frage, was alles unter „Verunreinigung“ zu verstehen ist, scheiden sich aber die Geister. Ist Elektrosmog beispielsweise eine Verunreinigung der Luft?
Flächenwidmung und Parzellierung sind nachhaltige Entscheidungen. Geht es dabei doch um den Abstand zu umweltbedingten Belastungen, wie Stromleitungen, Bahnstrom, Straßenlärm oder Hochwasser. Anzustreben sind belastungsfreie Lebensräume.
Gleiches gilt auch für Räume. Eine nachhaltige Planung berücksichtigt die Verwendung natürlicher oder naturnaher Baustoffe und Einrichtungsmaterialien, die Entscheidung für feldarme Elektroinstallationen, die Ausstattung mit LAN statt WLAN, der Schutz vor Radon, um nur einige Beispiele zu nennen.
SGD 6 – Sauberes Wasser
In der Agenda ist zu lesen: „Bis 2030 die Wasserqualität durch Verringerung der Verschmutzung, Beendigung des Einbringens und Minimierung der Freisetzung gefährlicher Chemikalien und Stoffe … verbessern.“ Umweltgifte, Pestizide und Biozide, belasten das Grundwasser jedoch unvermindert. Dazu gesellen sich Mikroplastik und Medikamente. Neben der chemischen haben wir auch eine beachtliche biologische Wasserverschmutzung durch Keime.
Viele dieser Einträge sind resistent, d.h. sie bauen sich nicht mehr von selbst ab. Es fehlen die wesentlichen nachhaltigen Entscheidungen für sauberes Wasser.
SGD 7 – Saubere Energie
Nachhaltig gedacht ist saubere Energie vor allem erneuerbare Energie. Hier steht an erster Stelle die Sonne. Warum die Herstellung und Einspeisung privat erzeugter Energie noch immer behindert wird, ist ein Rätsel. Kleinwindräder für landwirtschaftliche Betriebe beispielsweise sind in vielen Ländern nicht erlaubt. Dabei soll Österreich bis 2030 gänzlich mit Strom aus erneuerbaren Energieträgern versorgt werden und bis 2040 klimaneutral werden.
SGD 8 – Arbeit und Wachstum
In der Agenda ist zu lesen: „Politiken zur Förderung eines nachhaltigen Tourismus erarbeiten und umsetzen, der Arbeitsplätze schafft und die lokale Kultur und lokale Produkte fördert.“ Darunter verstehe ich vor allem authentische Angebote, zu der auch örtliche Geschichte, alte Baukultur, sagenhafte Steine, usw. gehören. Stattdessen zerstören wir vieles was uns ausmacht. Und fahren dafür im Sommer ans Mittelmeer, wo wir das alles bewundern können.
SGD 9 – Industrie, Innovation, Infrastruktur
Oft wird der Baubiologie vorgeworfen, sie sei rückwärtsgewandt. Das Gegenteil ist der Fall. Es gilt nicht, technologische Entwicklungen zu verhindern, sondern zu lernen, sie schonend zu benutzen und weitgehend belastungsfrei damit zu leben. Das gesunde Leben muss Schritt halten können mit umweltbedingten Belastungen.
Entwicklung müssen baulich, aber auch landschaftsgestalterisch begleitet werden. Es geht um Grünzonen vor und hinter öffentlichen und betrieblichen Gebäuden. Parks und Grünflächen mit Bäumen und Wasser sind nicht nur für das Mikroklima wichtig, sondern bieten eine regenerierende Kompensation von umweltbedingten Belastungen.
SGD 11 – Nachhaltige Städte und Gemeinden
Die Agenda zur nachhaltigen Gestaltung von Städten und Gemeinden liest sich gut. Und dennoch sterben Dörfer und verkümmern Stadtteile. Eine nachhaltige Maßnahme zur Verbesserung ist die Berücksichtigung von Lebensenergieflüssen. Nur wo ausreichend Lebensenergie zur Verfügung steht, kann sich Leben und Lebendigkeit entwickeln.
Nachhaltige Entscheidungen betreffen auch barrierefreies Bauen, Freihalten von Frischluftschneusen, Freilegung von verrohrten Bachläufen, ein Stopp der Flächenversiegelungen, der Schutz alter und wertvoller Baukultur, die Bevorzugung von naturnahen Bauten, der Schutz und Ausbau von Dorf- und Stadtteilplätzen und vieles mehr.
SGD 12 – Nachhaltiger Konsum und Produktion
In der Agenda ist zu lesen: „Bis 2030 die nachhaltige Bewirtschaftung und effiziente Nutzung der natürlichen Ressourcen erreichen.“ Davon sind wir meilenweit entfernt und entfernen uns noch weiter. In uns steckt die problematische Übersetzung, uns die Erde „untertan“ zu machen.
Weiters ist zu lesen: „Bis 2020 einen umweltverträglichen Umgang mit Chemikalien und allen Abfällen während ihres gesamten Lebenszyklus … und ihre Freisetzung in Luft, Wasser und Boden erheblich verringern, um ihre nachteiligen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt auf ein Mindestmaß zu beschränken.“ Das braucht wohl keinen Kommentar.
Und: „Bis 2030 sicherstellen, dass die Menschen überall über einschlägige Informationen und das Bewusstsein für nachhaltige Entwicklung und eine Lebensweise in Harmonie mit der Natur verfügen.“ Dafür setzen sich Baubiologische Institute und Verbände ein, werden von staatlichen Stellen aber ungern gehört. Das ist aber wichtig, wenn Menschen danach handeln sollen.
SGD 13 – Maßnahmen zum Klimaschutz
Eine der Forderungen lautet: „Klimaschutzmaßnahmen in die nationalen Politiken, Strategien und Planungen einbeziehen.“ Ich hätte gerne das Wort „national“ gegen das Wort „regional“ oder „örtlich“ getauscht. Denn dort beginnt Klimaschutz: vor der eigenen Haustür bzw. im eigenen Gemeinderat.
Was jedenfalls zu tun sein wird, ist unser Leben den klimabedingten Veränderungen anzupassen.
SGD 14 – Leben unter Wasser
Nun, wir haben in Österreich keine Agenda für Meeresverschmutzung. Aber wir haben Bäche, Flüsse und Seen. Und da ist tatsächlich in den letzten Jahrzehnten viel getan worden. Allerdings sind die meisten Bächen zu Kanälen umgebaut worden. Damit stirbt das Leben unter Wasser. Eine Renaturierung heißt, dem Bach seinen natürlichen mäandrierenden Lauf zurückgeben.
SGD 15 – Leben am Land
Dieser Punkt ist ein unendlicher. Im Flächenverbrauch ist Österreich Spitzenreiter. Und österreichische Firmen sind aktiv an der Rodung der letzten Urwälder in Europa beteiligt. Zu diesem Punkt gehört auch die Renaturierung von Landschaftselementen, wie Rain, Hag, Stoabichl, Gmünd, Moor und viele mehr. Darüber gibt es auf www.dorfimpulse.at einige Blogs.
Zum Nachlesen:
https://baubiologie.de/wissen/25-leitlinien-der-baubiologie
https://www.bundeskanzleramt.gv.at/themen/nachhaltige-entwicklung-agenda-2030.html
https://www.bmbwf.gv.at/Themen/euint/ikoop/bikoop/sdgs.html
Über den Autor:

DORFIMPULSE
Mag. Wolfgang Strasser
Lebensraum- und Unternehmensberater
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