Gesundheitsförderung beginnt ganz am Anfang
„Lebens- und Arbeitsbedingungen müssen so gestaltet sein, … dass sie gesundheitsförderlich sind“, so das Resümee der Gesundheitsziele Österreichs. Das Gesundheitsministerium koordiniert und das Forum Gesundheit Österreich fördert Programme zur kommunalen Gesundheitsförderung auf Basis von Public Health der WHO und des Programmes Gesundes Österreich.
Zwei der Gesundheitsziele des Programmes Gesundes Österreich betreffen direkt die Krabbelstuben und Kindergärten: Gesundheitsziel 1 – Gemeinsam gesundheitsförderliche Lebens- und Arbeitsbedingungen schaffen und Gesundheitsziel 6 – Gesundes Aufwachsen für Kinder und Jugendliche bestmöglich gestalten.
Die Förderung der Kindergesundheit in der gebauten Umwelt ist wichtig für die Entwicklung der Kinder. Ebenso die Förderung der Gesundheit von PädagogInnen im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung. Letzteres soll in einem eigenen Blog besprochen werden.
Kindlicher Organismus
Der kindliche Organismus befindet sich noch in der Entwicklung und kann deshalb empfindlicher auf umweltbedingte Belastungen reagieren. Kinder haben eine relativ größere Hautoberfläche, sie atmen bezogen auf ihr Körpergewicht mehr Luft ein, sie haben eine erhöhte Stoffwechselrate und sie nehmen manche Schadstoffe aus dem Magen-Darm-Trakt vermehrt auf.
Kindliches Verhalten
Kinder krabbeln und spielen auf dem Boden und sind dadurch größeren Mengen an Schadstoffen ausgesetzt als Erwachsene. Die Wahrscheinlichkeit, Schadstoffe aufzunehmen, kann durch den für Kinder typischen Hand-zu-Mund-Kontakt oder das Nuckeln an Gegenständen erhöht sein.
Erhöhte Sensibilität gegenüber Schadstoffen
Kinder sind gegenüber Schadstoffen in den Materialien und Werkstoffen um ein Vielfaches sensibler als Erwachsene. Ursache hierfür ist, dass sich der Organismus von Kindern vorwiegend in der Aufbauphase mit einhergehender Zellneubildung befindet, während sich im Erwachsenenalter ein Gleichgewicht zwischen Auf- und Abbau einstellt.
Körperliche Verarbeitung von Schadstoffen
Bei der Bildung neuer Zellen werden Bausteine aus dem Blut und umliegenden Gewebeflüssigkeiten verwendet. Befinden sich Schadstoffe in diesen, können bei der Zellteilung oder dem späteren Zellstoffwechsel Fehler entstehen, die die Funktionen der Zelle und /oder anderer Zielorgane einschränken. Die Folge hiervon ist je nach Speicherorgan und Schadstoff entweder eine akute Schädigung oder die chronische Vergiftung des kindlichen Organismus.
Das Risiko durch im Fettgewebe gespeicherte Schadstoffe innerhalb der Lebenszeit zu erkranken, ist aufgrund der längeren Restlebensdauer von Kindern sehr viel größer als bei Erwachsenen.
Gesunde Planung
Planung beginnt bei der Beurteilung der Ausgangssituation durch Messung der vorhandenen Strom- und Funkbelastung. Auch bei der Ausschreibung, z.B. bei der Baustoffauswahl und der Formulierung von Zielwerten zur Minimierung künstlicher Strahlung und Schadstoffbelastung sind bau-, elektro-, licht- und geobiologische Kriterien gefragt. Eine baubiologische Baubegleitung und Abnahmemessungen wären eine sinnvolle Konsequenz.
Gesundes Gebäude
Ein gesundes Gebäude besteht aus schadstofffreien oder zumindest schadstoffarmen Bauweisen, Bauteilen und Baumaterialien. Dazu gehören nachwachsende und mineralische Baustoffe, die natürlich oder naturnahe im gesamten Lebenszyklus sind, also bio und eco. Dies setzt sich in den Bauteilen fort, wie beispielsweise einer dampfdiffusionsoffenen Außenwand.
Wohngifte und Schadstoffe
Durch die Schadstoffbelastungen in Baustoffen und Materialien herrscht in konventionell gebauten oder sanierten Gebäuden oft „dicke Luft“. Die Raumluft ist dann mit Lösemitteln, Formaldehyd aus Möbeln und verschiedenen anderen Riech-, Reiz- und Schadgasen derart verunreinigt, dass die Empfehlungen weit überschritten werden. Auftraggeber sollten daher schon zur Bauabnahme von Kindergärten den Nachweis besonders guter Raumluftqualität verlangen.
Schadstoffe in Kindergärten
Viele Kindergärten sind in Gebäuden untergebracht, die aus den 50er bis 70er Jahre stammen. Gerade in solchen Gebäuden finden wir regelmäßig bedenkliche Konzentrationen an Altlasten. Neben Asbest finden wir erhöhte Konzentrationen an PCB’s (polychlorierte Biphenyle) und PAK’s (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe).
Nachweis von PCB und PAK
PCB wurde in dauerelastischen Fugenmassen verwendet und diffundiert aus diesen über die Bauteile in den Innenraum. PAK’s sind Bestandteil von teerhaltigen Produkten, die als Klebstoffe für PVC-Beläge, Parkett, usw., aber auch als Dichtungsmassen eingesetzt wurden. Beide Schadstoffgruppen haben schädigendes und z. T. auch krebserregendes Potential. Da es sich bei PAK und PCB um schwerflüchtige Substanzen handelt, sind diese auch noch Jahrzehnte später in der Raumluft und/oder im Hausstaub nachzuweisen.
Hormonähnlich wirkende Weichmacher
In den Räumlichkeiten von Kindergärten liegen häufig hohe Konzentrationen an Weichmachern vor. In vielen Weich-Spielzeugen, preisgünstigen Fußbodenbelägen und schmutzabweisenden Tapeten sind Weichmacher (z.B. Phthalate), Weichmacheröle (z.B. polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe), Flammschutzmittel (z.B. phosphororganische Verbindungen) und Stabilisatoren (z.B. Schwermetalle) notwendig. Sie können durch Abrieb, aber auch durch Ausdünsten oder Auswaschen in die Umwelt gelangen. Oder durch Reinigungs- und Pflegemittel, die der Reinigungsdienst tagtäglich auf den Böden ausbringt.
Dabei handelt es sich um Größenordnungen, bei denen von einer Gefährdung des kindlichen Organismus ausgegangen werden muss. Besonders Flammschutzmittel und Weichmacher haben häufig hormonartige Wirkungen. Einige dieser Stoffe gelten als fortpflanzungsgefährdend, andere als krebserregend. Achten sie daher auf die Gütesiegel beim Ankauf von Spielzeug.
Schwermetalle in Kindergärten
Im Hausstaub von Kindergärten findet sich immer wieder ein erhöhter Gehalt an Schwermetallen. Quellen sind alte Bodenbeläge oder Straßenstaub, den Eltern und Kinder eintragen. Im Straßenstaub finden sich hohe Mengen an Schwermetallen, die bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe und dem Abrieb von Autoreifen und Bremsbelägen in die Umwelt gelangen. Kindergärten an stark befahrenen Straßen weisen daher meist höhere Konzentrationen an Schwermetallen auf, als jene auf dem Land.
Umweltgifte in Naturmaterialien
Die größte Sicherheit für eine gesunde Raumluft bieten natürliche und naturnahe Bau- und Werkstoffe, wie Naturfarben, Lehm, Kalk, Holz, Stroh, Hanf, Flachs, usw. Aber nur, wenn die Rohstoffe aus biologischer Landwirtschaft stammen. Denn Biozide und Pflanzenschutzmittel sind schwerflüchtige Umweltgifte in den Materialen. Werden nur volldeklarierte oder gelabelte Produkte (NaturePlus …) eingesetzt, kann eine hohe Raumqualität erreicht werden.
Elektrostatische Aufladungen
Durch die Reibung synthetischer Materialien können sich Menschen elektrostatisch aufladen. Beispielsweise durch Reibung mit Schuhsohlen auf Bodenbelägen oder durch auf dem Boden spielende Kinder, Verwendung von synthetischen Raumtextilien, usw. Die elektrostatische Aufladung beeinflusst durch Clusterbildung von Staub auch das Raumklima ungünstig.
Erdmagnetfeld und Baustahl
Jede Zelle wächst und ordnet sich im natürlichen Erdmagnetfeld. In Gebäuden kommt es durch Baustahl und Stahlträger häufig zu Verzerrungen des Erdmagnetfeldes. In Kindereinrichtungen spielt sich das Leben überwiegend bodennah ab. Hier ist die Vermeidung von Störungen des Erdmagnetfeldes durch eine stahlreduzierte Bauweise und eisenreduzierte Einrichtung besonders wichtig.
Kritische Lage von Gebäuden
Ich komme im Zuge meiner Beratungstätigkeit immer wieder zu Grundstücken und Gebäuden, über die eine Stromleitung führt oder die nahe an Bahnanlagen situiert sind. Wie kann das sein? Der notwendige Abstand für eine belastungsfreie Situation ist messbar. Es müsste doch möglich sein, dies bei Flächenwidmung und Parzellierung zu berücksichtigen! Oder warum nicht?
Wenn alles unter Strom steht
Elektroinstallationen in den Gebäuden verursachen niederfrequente elektrische und magnetische Felder, die vom Installationsort Wand oder Boden in den Raum reichen. Aufklärung, eine feldarme Planung und Investitionsförderung von geschirmten Kabeln und Installationszubehör könnte die gesundheitliche Qualität der Bauwerke fundamental verbessern.
Funk in allen Räumen
Hochfrequente elektromagnetische Strahlungen sind im öffentlichen Raum allerorts. Auch in Kindergärten und Krabbelstuben befinden sich WLAN-Router. Wozu braucht man diese? WLAN in Räumen mit Kleinkindern sollte grundsätzlich tabu sein. Durch die Verwendung kabelgebundener Systeme lässt sich die gesundheitliche Qualität von Innenräumen deutlich verbessern.
Abschirmung des Funks
Die Funkstrahlung von nahen Sendemasten sollten die Innenräume von Kindergärten möglichst wenig belasten. Abschirmungen sind durch unter Putz angebrachte Gewebe, Abschirmfarben oder Abschirmtextilien möglich.
Gesunde Raumluft
Gute Frischluftversorgung ist nicht selbstverständlich: In vielen Kindergärten übersteigt die Konzentration des Schadgases Kohlendioxid regelmäßig die Zielwerte der Lüftungsnormen und ist damit hygienisch inakzeptabel. Regelmäßiges Lüften oder der Einbau einer wirkungsvollen CO2– gesteuerten und wartungsfreundlichen Lüftungsanlage kann abhelfen.
Gesunde Beleuchtung
Mit ausreichendem Tageslicht und Sichtverbindungen nach außen fühlen sich Kinder wohl. Das über die Augen aufgenommene Tageslicht trägt zur Stabilisierung unseres circadianen Rhythmus und zur Aktivierung des Organismus bei. Dass Tageslicht hervorragende Sehbedingungen ermöglicht und keine Energie aufgewendet werden muss, um es zu nutzen, nehmen wir so selbstverständlich hin, dass uns kaum bewusst ist, dass Tageslicht Solarenergie ist.
Leitlinien der Baubiologie
Ziel aller baubiologischen Aktivitäten ist es, ein Wohn- und Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem Menschen gesund bleiben und sich hinsichtlich Raumklima und Ästhetik wohlfühlen. Zudem sollte es bestmöglich ökologische Anforderungen erfüllen, ein gutes Zusammenleben ermöglichen und bezahlbar sein. In den 25 Leitlinien der Baubiologie sind die wichtigsten Aspekte zusammengefasst.
https://baubiologie.de/wissen/25-leitlinien-der-baubiologie
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DORFIMPULSE
Mag. Wolfgang Strasser
Lebensraum- und Unternehmensberater
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